Ellen v. Borzyskowski
„Mehr Demokratie wagen“ war damals ein Slogan, der die Aufbruchsstimmung der Siebzigerjahre widerspiegelte und der mich im wahrsten Sinne des Wortes politisch bewegt hatte. In der Zeit war Willi Brandt Bundeskanzler und ich noch weit weg davon, mich parteipolitisch festlegen zu wollen. Aber ich wurde zu dieser Zeit politisch und habe angefangen, mich für Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit, gerade für junge Frauen, die nicht aus einem Akademikerhaushalt stammen, einzusetzen. Die Frage der Chancengleichheit hat mich auf meinem Lebensweg in Beruf und Alltag bis heute immer begleitet. Chancengleichheit impliziert für mich zweierlei: sowohl gleiche Bildungschancen für alle als auch gleiche Berufschancen von Frauen und Männern. Das ist meiner Auffassung nach Grundlage für eine Demokratie. In der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratische Frauen kämpfen wir in Darmstadt auch dafür.
Ich bin damals aus beruflichen Gründen nach Darmstadt gekommen – bin also keine waschechte Heinerin, obwohl ich mich wie eine fühle. Darmstadt ist meine Wahlheimat geworden. Ich wohne seit langem im Woogsviertel und bin hier mittlerweile fest verwurzelt. Verwurzelt bin ich auch im SPD-Ortsverein Gervinus. Tim Huß und ich leiten den Ortsverein im Duo, als Doppelspitze sozusagen. Gemeinsam mit vielen anderen Mitgliedern des Ortsvereins haben wir schon tolle Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Besonders am Herzen liegt mir der immer gutbesuchte Sommerrundgang durch unser schönes Woogsviertel. Er findet jedes Jahr im Sommer statt und wird von uns zu Themen, die für das Woogsviertel interessant sind, organisiert und gestaltet. Zuletzt waren es Rundgänge zur Kunst am Bau im Viertel, zum ehemaligen jüdischen Leben oder zur Rosenhöhe und ihrer neuesten Errungenschaften.
Die Arbeit im Ortsverein ist für mich eine persönliche und politische Bereicherung. Wir sind einfach eine nette Truppe. Ein Querschnitt der Gesellschaft quasi, nur eben im ganz Kleinen. Menschen verschiedener Altersstufen aus unterschiedlichsten Berufsgruppen und mit individuellen Bedürfnissen tauschen sich regelmäßig aus, diskutieren und arbeiten zusammen an einem gemeinsamen politischen Ziel: das Woogsviertel für uns alle noch liebens- und lebenswerter zu gestalten. So macht Politik Spaß!
In der Kommunalpolitik sehe ich die Chance, mein direktes Lebensumfeld zu beeinflussen und zu verändern. Darmstadt ist eine wunderbare Stadt mit einer hohen Lebensqualität. Aber es ist auch eine Stadt, die von hohen Miet- und Immobilienpreisen geprägt ist. Ich möchte mich für eine Wohnraumpolitik einsetzen, die sich absetzt von Immobilienspekulationen und Gewinnorientierung. Auf kommunalpolitischer Ebene müssen wir diesen Trend aufhalten, hartnäckig bleiben und der Gentrifizierung Einhalt gebieten. Mein Ortsverein und ich wollen das Woogsviertel noch liebens- und lebenswerter machen. Dazu gehört in erster Linie, dass es auch „wohnenswert“ für alle Menschen bleibt.