Barbara Lücke

Tim Huß

Ich bin in den Fünfzigerjahren geboren, in den Sechzigern zur Schule gegangen, in den Siebzigern habe ich studiert und in den Achtzigerjahren meine Kinder bekommen. In jedem Jahrzehnt habe ich die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen auch privat gespürt. Bildungsreform, Emanzipation, Studentenbewegung, Einführung von Elternzeit, das alles hatte mich immer auch direkt persönlich betroffen.

Die Tatsache, dass in Westdeutschland bis 1977 eine Frau nur dann berufstätig sein durfte, wenn das „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war, führte bei mir dazu, dass ich schon als kleines Mädchen entschied, dass ich nicht heiraten würde. Und umgekehrt war mir immer bewusst, dass das Private auch politisch ist und ich meine politischen Forderungen an meiner privaten Haltung und meinem privaten Verhalten messen muss.

Damals in meiner Grundschulklasse waren wir 45 Kinder. Nur vier von uns kamen aufs Gymnasium, ich war eine davon. Dort habe ich hautnah erlebt, welche Kinder es einfach hatten und welche „ausgesiebt“ wurden. Wir Schüler*innen haben untereinander Nachhilfe organisiert. Wir haben gegen die Einführung des „Numerus Clausus“ demonstriert und dafür die Schule geschwänzt.

Heute bin ich Grundschullehrerin, Versicherungskauffrau, Pädagogin und Coach. Meine Beharrlichkeit hat mir oft dabei geholfen, die Dinge, die ich angefangen habe, auch zu Ende zu bringen. Mit allem, was ich kann und gelernt habe, möchte ich dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche mehr Unterstützung in ihrer Bildungslaufbahn erfahren.

Denn noch heute, 60 Jahre nach meiner Zeit als Grundschulkind, ist es immer noch so, dass es Kinder aus bildungsfernen Familien sehr viel schwerer haben, einen höheren Schulabschluss und einen Berufsabschluss zu erreichen oder ein Studium zu beginnen und das auch abzuschließen. Für mich steht fest: Für gesellschaftliche Teilhabe ist Bildungsgerechtigkeit und der gerechte Zugang zu Bildung Grundvoraussetzung und dafür setze ich mich in Darmstadt mit der SPD ein.

Darmstadt ist eine Stadt im Grünen und das schätze ich sehr. Aber ich bin am Rhein aufgewachsen und ich liebe und brauche den Blick aufs Wasser. Deshalb ist mein Lieblingsplatz in Darmstadt der Woogsdamm. Und wenn ich von Darmstadt in zehn Jahren träume, dann ist der Darmbach nicht nur offen gelegt, sondern auch schiffbar gemacht und an den neuen Rhein-Main-Kanal, der Darmstadt an die internationale Schifffahrt anbindet, angeschlossen. Das Luisencenter ist abgerissen und wieder eine Grünanlage − und weil das Grundwasser nicht mehr abgesenkt ist, befindet sich in der Mitte der Grünanlage ein kleiner Hafen, in dem meine Segeljolle vor Anker liegt. Dort ist dann mein Lieblingsplatz.

„Für gesellschaftliche Teilhabe ist Bildungsgerechtigkeit Grundvoraussetzung.“